Hallo Deutschland,
ich spreche deine Sprache, bin in dir geboren und aufgewachsen Du bist meine Heimat. Doch ich kann mir Tag für Tag weniger vorstellen, mein faltiges Gesicht dir anzuvertrauen. Und wenn ich das nicht kann, dann verdienst du auch nicht meine straffen Muskeln oder meinen scharfen Geist!
Für jeden Euro, den ein Arbeitgeber zahlt, kommen effektiv bei mir nach Arbeitgeberanteilen, meinen Beiträgen zu allen Sozialversicherungen, Einkommensteuer und Mehrwertsteuer circa 40 Cent bei mir an.
Mit diesen 40% soll ich meinen Lebensunterhalt bezahlen, für meine Zukunft sorgen, meine Eltern unterstützen und soll dir außerdem irgendwann davon noch ein Kind schenken und versorgen.
Das sind die letzten Dinge, die du nicht willst oder selbst kannst und dafür uns Bürger brauchst.
Das ist kein fairer Deal, denn du verschwendest den Löwenanteil meiner Lebensleistung, lässt mir keine Chance, für mich und meine Liebsten selbst zu sorgen. Sind wir nicht alle mündige Bürger? Warum behandelst du uns wie Kinder, denen man nur ein Taschengeld anvertraut?
Gleichzeitig soll ich dir bald noch mehr geben? Wenn es nach dir geht, bezahlen ich und meine Freunde die Rente der aktuellen Gesellschaft und gleichzeitig unsere eigene damit überhaupt noch etwas für uns da ist. Passt doch, oder?
Wenn es nach dir geht, sollten wir alle möglichen Steuern erhöhen, damit wir mehr für "unsere" Zukunft haben.
Konträr! Ich denke, es braucht weniger von dir, weniger Staat(-sausgaben), weniger Beamte in deinem Dienst, weniger Verschwendung, weniger Steuern. Je mehr du versuchst, unsere Kutsche zu steuern und vorzuschreiben, desto mehr werden aus ihrem Holster ausbrechen und entspringen.
Was passiert, wenn ich sparen will:
Halte ich Bargeld, zerstörst du mit Inflation die Leistung, die ich erbracht habe.
Bespare ich die von dir genehmigten Rentenprodukte, so lasse ich mich von Versicherungsvertretern blank über den Tisch ziehen.
Halte ich Kapitalwerte, die Profit generieren, willst du bald 30% von meinen Gewinnen, aber nicht 30% meiner Verluste. Warum? Du trägst kein Risiko, in jedem Fall bekommst du deinen Teil. Ich alleine stehe bei Verlust dafür gerade. Das ist nicht fair.
Auch die Haltefristen bei Gold, Wohneigentum oder Crypowerten möchtest du abschaffen.
Sag mir, wie soll ich das, was ich mir erarbeitet habe, erhalten? Wie soll ich so jemals privat vorsorgen? Es scheint, als würdest du meine private Vorsorge bestehlen, meine Weitsicht bestrafen und mich aller Optionen der Werterhaltung berauben. Wüsste ich mit Gewissheit, dass du dich um mich sorgen wirst, dass ich dir nicht egal bin, wäre ich mit deinen Regeln vielleicht sogar einverstanden, jedoch zeichnet sich ab, dass du genau das nicht können wirst.
Lass mich, wenn du es nicht kannst, selbst für meine Zukunft sorgen und lass mich mit meinen Fähigkeiten meinen Reichtum, den du bereits besteuert hast, eigenständig vermehren. So fiele ich dir und allen anderen weniger zur Last.
Du bist faul geworden und bequem, lädst immer mehr und mehr auf deine Kutsche und verlangst von uns heftiger zu ziehen. Gerne, aber wirf DU zuerst den Ballast ab. Vielleicht müssen wir dann ja nicht mal heftiger ziehen, damit wir schneller vorankommen.
Wo ist deine Effizienz, wo ist deine Vorreiterstellung auf der Bühne der Welt, wo deine Stärke, wo dein Rückgrat, deine Werte?
Deutschland, du gleichst einem alten Fettsack, der nicht weiß, wann genug ist, der vergessen hat, dass Mäßigung eine Tugend ist und Investitionen in den eigenen Korpus und Fähigkeiten wahre Stärke hervorbringen.
Es tut mir leid. Aber mit so jemandem möchte ich nicht in der Öffentlichkeit gesehen werden. Das hier ist noch kein Trennungsbrief, sondern ein Weckruf an dich. Ein Weckruf, wie sich meine Generation, deine Kinder fühlen.
Solltest du ignorieren, was ich hier schreibe, prophezeie ich dir dunkelgraue Zeiten. Denn du hast uns klug gemacht, klug genug, um zu erkennen, wenn man ein schlechtes Angebot vorgehalten bekommt. Und diejenigen unter uns, die du am meisten begehrst, werden bald beginnen zu gehen oder sind im Begriff dazu.
Robin M., 27
M.Sc Psychologie